Mit Heinrich Reckeweg (1877-1944) beginnt die Geschichte unseres Unternehmens. Nach seiner Ausbildung zum Lehrer nahm er 1903 den Unterricht an einer Herforder Grundschule auf. Die folgenden 21 Jahre seines Lebens waren geprägt vom Unterricht an der Volksschule, von schwerer Krankheit, vom Weltkrieg und von seiner vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand. 1912 war er so schwer erkrankt, dass ihn die Ärzte zu Beginn des Ersten Weltkrieges für „nur garnisonsfähig" erklärten. 1919 litt er an einer chronischen Nierenentzündung, im November 1924 führten die Folgen einer Tuberkulose und einer Erkrankung des Halses zu seiner vorzeitigen Pensionierung. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass Heinrich Reckeweg bei seiner schweren Erkrankung anfangs der zwanziger Jahre und der dabei offenbar werdenden Erfolglosigkeit schulmedizinischer Therapien begann, sich mehr und mehr mit der Naturheilkunde zu befassen.
Von jeher an der Pflanzenheilkunde und anderen naturheilkundlichen Praktiken interessiert und in den Lehren von Hahnemann und Prießnitz bewandert, hatte sich Heinrich Reckeweg autodidaktisch zu dem ausgebildet, was man heute als Heilpraktiker bezeichnet. Schon während seiner Zeit als Lehrer hatte er es sich nicht nehmen lassen, viele seiner Schüler z.B. bei Husten und Erkältungskrankheiten zu behandeln. Sogar einen Hustensaft hatte er eigens für diese Zwecke entwickelt.Dieses Präparat nannte er „Jutussin Stickhustenhilfe". Es wird noch heute unter dem Namen „Jutussin R8" weltweit vertrieben und genießt höchste Anerkennung. Neben Hahnemann und Prießnitz galt sein besonderes Interesse Pastor Felke und dessen Methoden.
Die Bekanntschaft mit Felke war auch der gedankliche Ausgangspunkt der Produktserie des Hauses Dr. Reckeweg & Co GmbH, welches 1947 gegründet wurde. Felke hatte entdeckt, dass bei immer nach gleichem Muster verlaufenden Krankheiten und Beschwerden die Wahl der klassischen homöopathischen Methode immer wieder auf die gleichen Mittel fiel. Er hatte Versuche gemacht, diese Mittel für jeden Patienten individuell miteinander zu mischen, und war schließlich zu der Einsicht gelangt, dass bei bestimmten Krankheitsbildern immer wieder die gleichen Kombinationen von homöopathischen Mitteln gute Wirkung zeigten. Das war die Geburt der homöopathischen Kombinationsarzneimittel, damals noch Komplexe genannt.
Zum Indikationsbegriff bei homöopathischen Kombinationsarzneimitteln
Indikationen bei homöopathischen Kombinationsarzneimitteln werden als die Beschreibung der Gesamtheit derjenigen Symptome aus den Arzneimittelbildern der Bestandteile aufgefaßt, welche (hinsichtlich eines bestimmten Beschwerdebildes im Sinne der Homöopathie) für die Beseitigung eben dieses Beschwerdebildes in Frage kommen. Im Idealfall wird dieses Beschwerdebild außerhalb der Homöopathie mit einem klinisch nachvollzogenen Namen belegt, eben der Indikation.
Kriterien für das Zutreffen einer Indikation sind:
- Jeder Bestandteil des homöopathischen Kombinationsarzneimittels muss mindestens einer Beschwerde zugeordnet werden können.
- Jede Beschwerde muss zum Arzneimittelbild mindestens eines Bestandteils gehören.
- Die Beschwerden der Indikation müssen durch die Gesamtheit der Symptome der Arzneimittelbilder der Bestandteile vollständig charakterisiert sein.
- Die Bestandteile müssen untereinander verträglich sein, d.h. es dürfen keine Gegenmittel, keine feindlichen Mittel, etc. vorhanden sein.
Das Laboratorium EuPha
Zur Verwirklichung seiner Vision von natürlicher Medizin meldete Heinrich Reckeweg im Mai 1926 seine Praxis amtsärztlich und gewerblich an nachdem er in seinem Laboratorium EuPha schon zu Beginn der zwanziger Jahre damit begonnen hatte, homöopathische Kombinations-arzneimittel zu entwickeln, herzustellen und zu verkaufen. Sein Anspruch war es, gut wirksame und zugleich gut verträgliche Arzneimittel herzustellen. In dieser Tradition steht das Unternehmen Dr. Reckeweg & Co. GmbH, Bensheim noch heute. Heinrich Reckeweg bemerkenswerte Heilerfolge brachten ihm hohes Ansehen weit über seine Heimatstadt hinaus ein. Obwohl er offiziell nie einen Titel trug, nannte man ihn respektvoll „Doktor" Reckeweg. 1944 verstarb Heinrich Reckeweg was gleichzeitig auch das Ende für das Laboratorium EuPha bedeutete.
Die Neugründung nach dem Krieg
Wissen und Erfahrungen gingen jedoch nicht verloren, denn bereits im Mai 1947, gründeten zwei seiner Söhne, Klaus Günther Reckeweg und der homöopathische Arzt Dr. med. Alfred Reckeweg in Herford die Firma Dr. A. Reckeweg & Co. GmbH. Ganz in der Tradition ihres Vaters stehend, entwickelten sie im Verlauf der ersten Jahre eine Serie von sechzig homöopathischen Komplexarzneimitteln. Basis der Mittelrezepturen waren die an seine Söhne weitergegebenen Erfahrungen Heinrich Reckeweg und das fachkundig ärztlich-homöopathische Wissen Dr. Alfred Reckeweg, gepaart mit einem wachen Interesse an den Verfahrensweisen der Naturheilkunde beider Firmengründer. Die Mittel der Spezialitätenreihe waren darauf konzipiert, für möglichst viele der in der täglichen Praxis vorkommenden Erkrankungen eine Alternative auf der Grundlage homöopathischer Therapie anbieten zu können.
Ihr Spektrum reichte von Entzündungsmitteln über Mittel zur Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen des Verdauungstraktes bis hin zu Mitteln zur Behandlung von Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, um nur einige Anwendungen zu nennen.
Der wachsende Erfolg der Pharmazeutischen Fabrik Dr. Reckeweg & Co. GmbH veranlasste Klaus Günther Reckeweg, sich bereits acht Jahre später auf die Suche nach neuen Räumlichkeiten zu begeben, was ihn nach Bensheim, an den heutigen Standort des Unternehmens, führte. Mit dieser Veränderung begann für das Haus Reckeweg eine neue Ära. Neben der räumlichen Vergrößerung der Firma wurde auch der technische Bereich komplett modernisiert.
Internationalisierung
Die siebziger und achtziger Jahre bedeuteten für die Firma Dr. Reckweg & Co. in sehr vielen Bereichen einen Aufbruch zu Neuem. Mit dem Firmeneintritt Michael Reckewegs im Jahre 1976 und dem Umzug in das 1981 neu erstellte Firmengebäude mit deutlich mehr als 2000 m² Betriebsfläche und der damit einhergehenden Erhöhung der Mitarbeiterzahl war die Wende in der Ausrichtung des Familienunternehmens hin zu einem pharmazeutischen Unternehmen vollzogen. Ab diesem Zeitpunkt galt das besondere Interesse vor allem der Erschließung ausländischer Märkte. Mit Importeuren aus europäischen und außereuropäischen Ländern wurden Geschäftsverbindungen aufgenommen und die internationale Expansion vorangetrieben. Heute pflegt Dr. Reckeweg intensive Kontakte zu Importeuren aus mehr als 40 Ländern innerhalb und außerhalb Europas, wobei der Exportanteil von inzwischen über 90% die weltweit hohe Akzeptanz und Wertschätzung homöopathischer Arzneimittel aus dem Hause Reckeweg eindrucksvoll dokumentiert. Mit der regionalen bzw. globalen Ausdehnung der Geschäftstätigkeit ging aber auch eine interne Ausweitung der Produktpalette einher. Die Spezialitätenreihe wurde zunächst auf 75, später sogar bis auf 95 Präparate ergänzt. Es wurden einige der Spezialitäten in verschiedenen Darreichungsformen wie Dilutionen, Injektabilia, Globuli, Tabletten, Salben und Säfte angeboten. Neben den Spezialitäten begann man Tinkturen, Einzelmittel in hohen und höchsten Potenzen, Salze der Biochemischen Heilweise nach Dr. Schüßler und Präparate der Veterinär-Homöopathie herzustellen und zu vertreiben. Auch einige Nahrungs-ergänzungsmittel erweiterten das Sortiment in den achtziger und neunziger Jahren. Zusätzlich wurde die Firma bei der Entwicklung und dem Vertrieb eines Elektroakupunkturgeräts aktiv.
Dies alles fiel in die Zeit des Generationswechsels von den Firmengründern hin zum derzeitigen Geschäftsführer Michael Reckeweg. In diese Zeit fiel aber auch die Neuordnung der Zuständigkeiten gemäß den gesetzlichen Anforderungen an ein pharmazeutisches Unternehmen.Seither gab es auch die Anforderung, nach international geltenden Richtlinien, GMP – gerecht (GMP = Good Manufacturing Practice) zu produzieren.
Als Gründungsmitglied ist die Firma seit 1999 aktives Mitglied der ECHAMP (Abk. für European Coalition on Homeopathic and Anthroposophic Medicinal Products). Erwähnenswert ist daneben auch die Mitgliedschaft der Firma im Bundesverband der pharmazeutischen Industrie (BPI) sowie dem Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH), wo jeweils durch engagierte und aktive Mitarbeit in diversen Gremien und Ausschüssen die Interessen der Homöopathie vertreten werden.